Wasserspringerin Tina Punzel wagt den Absprung ins neue Leben. Am Montag hat die 27-Jährige, die seit vielen Jahren zu den Top-Wasserspringerinnen in Deutschland gehörte und auch international zahlreiche Medaillen gewonnen hat, ihre Karriere offiziell beendet.
Bereits 2021 gönnte sich die Dresdnerin im Anschluss an die Olympischen Spielen in Tokio (JPN), bei denen sie zusammen mit Lena Hentschel (Berliner TSC) Bronze im 3m-Synchronspringen gewonnen hatte, ein halbes Jahr Pause, um ihr Studium der Wirtschaftswissenschaften voranzutreiben. Schon damals war das Karriereende eine Option. „Aber ich hatte das Gefühl, dass ich noch nicht fertig bin, dass es da noch paar Aufgaben gibt, die ich noch nicht erledigt habe“, sagt sie rückblickend. „Und ich wollte die nacholympische Saison mit der Medaille in der Tasche einfach noch einmal genießen, ohne großen Druck.“ Zwei Goldmedaillen bei der EM 2022 in Rom (ITA) krönten diese Saison.
Doch nun sei die Ausgangslage eine andere: Im Sommer 2023 werden bereits die ersten Quotenplätze für Olympia 2024 in Paris (FRA) vergeben. „Da kann ich nicht im Februar locker anfangen“, sagt sie, „da muss ich mich jetzt entscheiden: ganz oder gar nicht. Ich würde in Paris nicht einfach nur dabei sein, sondern dann auch um die Medaillen mitkämpfen wollen. Aber dafür müsste ich noch einmal alles dem Leistungssport unterordnen, und ich habe gemerkt, dass ich dazu nicht mehr bereit bin“, begründet Punzel ihren Entschluss.
Stattdessen will sie jetzt im April, Mai erst ihre Bachelorarbeit abschließen und dann im Herbst voraussichtlich ein Masterstudium aufnehmen. „Das sind die Dinge, die mir jetzt wichtig sind. Aber ich werde dem Wasserspringen erhalten bleiben und von außen gerne weiter unterstützen.“
Mit 17 Jahren erstmals Europameisterin
Ihren Durchbruch erlebte sie 2013 mit dem Europameistertitel im eigenen Land in Rostock, wo sie bei ihrer ersten EM-Teilnahme als 17-Jährige direkt ganz oben stand. „Das war der perfekte Wettkampf und einer der schönsten, weil unerwartetsten Momente meiner Karriere“, sagt sie. Es folgten viele weitere Erfolge: 2021 in Budapest (HUN) wurde Punzel erneut Europameisterin vom 3m-Brett sowie im 3m-Synchronspringen mit Lena Hentschel, insgesamt gewann sie bei diesen Titelkämpfen sogar viermal Edelmetall – und wurde dafür später zu Europas Wasserspringerin des Jahres ausgezeichnet. Ein Jahr später in Rom wiederholten Punzel und Hentschel dann ihren Triumph. Auch im 3m-Mixed-Synchronspringen wurde sie an der Seite von Lou Massenberg (Berliner TSC) zweimal (2018, 2022) Europameisterin, zudem gewannen beide zusammen 2019 in Gwangju (KOR) WM-Bronze.
Neben zahlreichen weiteren EM-Podestplatzierungen stechen aus ihrer Vita natürlich die zwei Olympiateilnahmen hervor: 2016 in Rio de Janeiro (BRA) und 2021 in Tokio, wo sie sich mit dem dritten Platz im 3m-Synchronspringen einen Lebenstraum erfüllte.
„Wasserspringen ist einfach ein geiler Sport“, sagt sie. „Diese Kombination aus Ästhetik, Kraft und Schnelligkeit hat mich immer fasziniert, und das alles passiert in weniger als zwei Sekunden. Es hat mir viel Spaß gemacht, so vielseitig an meine Grenzen zu gehen, sei es beim Krafttraining oder wenn man sich überwinden musste, einen neuen Sprung zu machen. So wurde bis zuletzt nie langweilig, obwohl ich manche Sprünge ja schon tausende Male gemacht habe“, erzählt Punzel und hebt zugleich das gute Teamgefühl innerhalb der Wassersprung-Gemeinschaft hervor: „Obwohl wir eine Einzelsportart sind, haben wir uns alle gegenseitig geholfen und unterstützt. Das war wie eine kleine Familie.“
Im Dezember war sie noch einmal beim traditionellen Skilager des DSV-Sprungteams mit dabei, diesmal im Stubaital in Tirol (AUT). „Das war ein schöner Abschluss. Ich habe es sehr genossen, noch mal mit dem ganzen Team unterwegs zu sein.“