Es war ganz sicher der emotionalste Moment der Deutschen Meisterschaften in Bochum: Im Rahmen der Titelkämpfe wurden am Wochenende mit Marlene Bojer (SG Stadtwerke München) und Michelle Zimmer (SC Wedding 1929) die beiden erfolgreichsten Synchronschwimmerinnen der vergangenen Jahre verabschiedet – beide beenden ihre leistungssportliche Karriere. Sportlich verlief der Abgang standesgemäß: Im Mixed-Duett mit Frithjof Seidel (SC Wedding 1929) gewann Zimmer noch einmal die nationalen Titel in der Technischen und in der Freien Kür sowie weitere Medaillen in allen drei Teamküren mit den Weddingern; Bojer siegte mit dem Team der SG Stadtwerke München in der Technischen Kur und holte zudem Silber in der Freien Kür.
Die Entscheidung zum Karriereende wurde bereits vor längerer Zeit getroffen. Michelle Zimmer hatte sie sogar schon im vergangenen Jahr erwogen, nachdem das Olympiaprojekt im Duett mit Bojer beendet wurde. „Letztendlich bin ich froh, dass ich noch ein Jahr drangehängt habe. Es war eine tolle Saison, wir haben nochmal viel erreicht mit dem WM-Startplatz und der EM-Silbermedaille in der Kombination, das war richtig cool“, sagte die 26-Jährige. Für eine weitere Saison bis zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris (FRA) fehlte ihr aber die sportliche Perspektive, weil sich neue Duett-Pläne mit anderen Partnerinnen nicht ergaben und das Mixed-Duett nach wie vor nicht zu den olympischen Disziplinen gehört. Am 25. November wird sie noch einmal beim Norddeutschen Kürpokal ins Becken steigen, am 09./10. Dezember auch noch bei der Weihnachtsshow ihres Vereins zum Thema „Die Schöne und das Biest“. Danach ist endgültig Schluss.
Bojer begründete ihren Rückzug vom Leistungssport wie folgt: „Ich habe in unserem Sport fast alles erreicht. Das Einzige, was mir noch fehlt, ist eine Olympiateilnahme, und die ist unter den aktuellen Gegebenheiten in meinem Umfeld leider nicht realistisch für mich.“ Mit 30 Jahren war Bojer bei der WM in diesem Jahr die Erfahrenste im Nationalteam und im Deutschen Schwimm-Verband e.V. (DSV) auch als Aktivensprecherin für ihre Sportart engagiert.
Historisch starke WM-Ergebnisse und Freundschaften fürs Leben
Die Liste ihrer Erfolge auf nationaler und internationaler Bühne ist lang: Bei den Weltmeisterschaften 2022 in Budapest (HUN) sorgten Bojer und Zimmer im Duett mit den Plätzen elf (Technische Kür) und zwölf (Freie Kür) für die besten deutschen Platzierungen in der WM-Geschichte dieser Disziplinen. Bojer, die bei insgesamt sechs Welttitelkämpfen dabei war, belegte Vorjahr außerdem EM-Platz sechs in der Freien Kür des Solowettbewerbs, hinzu kommen für beide mehrere Weltcupmedaillen. 2021 fehlten ihnen im Duett lediglich 0,1866 Punkte für die erste deutsche Olympiateilnahme im Synchronschwimmen seit 1992.
„Es war eine unglaublich bereichernde Zeit, in der ich auch persönlich gewachsen bin. Durch den Leistungssport lernt man Dinge wie Disziplin und Durchhaltevermögen oder auch mit Rückschlägen umzugehen. Ich möchte keine Sekunde missen und mich bei allen bedanken, die mich auf diesem Weg begleitet haben. Da sind Freundschaften fürs Leben entstanden“, sagte Marlene Bojer.
Künftig wollen sich beide auf ihre Ausbildung und den Beruf konzentrieren. Während Bojer nach erfolgreichem Abschluss ihrer Masterarbeit im Fach Printmedien, Technologie und Management einen Job im Bereich Marketing anstrebt, sucht Michelle Zimmer aktuell eine Werksstudierendenstelle im Bereich Biotechnologie und will dann im April ebenfalls mit ihrer Masterarbeit beginnen. Die Entwicklung im deutschen Synchronschwimmens werden sie aber weiterhin genau verfolgen: „Ich bin zuversichtlich. Wir hatten schon in diesem Jahr sehr viele Jüngere im Team, die bei der EM und WM extrem viel gelernt haben, und auch die Erfolge von Klara Bleyer bei der JEM zeigen das große Potenzial. Ich hoffe, dass sich nach den guten Leistungen in den vergangenen beiden Jahren auch etwas im Bereich der Förderung tut, dann kann es weiterhin bergauf gehen“, sagte Zimmer. Bojer ergänzte: „Das Team wird sich neu formieren, es werden sich neue Charaktere in den Vordergrund schieben, die vorangehen und unsere Rollen übernehmen.“
Anmerkung: Ein ausführlicher Bericht zu den Ergebnissen der Deutschen Meisterschaften folgt.