In einer technisch so anspruchsvollen Sportart wie Wasserspringen entscheiden meist Nuancen. Oft ist es nur ein einziger Sprung, der zwischen Glückseligkeit und Enttäuschung den Unterschied bringt. Beim Turm-Synchronspringen der Frauen war dieser eine Sprung für Elena Wassen und Christina Wassen der dreieinhalbfache Delfinsalto im dritten Durchgang. Nach zwei starken Pflichtsprüngen lagen die Schwestern vom Berliner TSC am Dienstag sogar auf Rang drei in diesem Finale der Weltmeisterschaften in Doha (QAT), doch dann konnten sie einmal nicht ganz das abrufen, was sie eigentlich können. Und schon stand am Ende Platz sieben auf der Anzeigetafel, mit 277,98 Punkten.
Nur gut zehn Zähler fehlten zu Kanada (287,34) auf Rang sechs und letztlich auch zum möglichen Doppelstart bei den Olympischen Spielen in Paris. Elena und Christina hatten im vergangenen Jahr Deutschland nämlich schon beide Quotenplätze für den olympischen Einzelwettbewerb vom Turm gesichert, zu gern hätten sie das nun auch als Synchronpaar geschafft und Bundestrainer Christoph Bohm damit ein schönes Geschenk zum 40. Geburtstag gemacht.
Feiern durften – nicht ganz überraschend – mal wieder Chinas Frauen, Chen Yuxi und Quan Hongchan (362,22 Punkte) siegten mit großen Vorsprung vor Nordkorea (320,70) und Großbritannien (299,34). Wie Nordkorea sicherten sichern auch Mexiko als Vierter (296,34), die Ukraine als Fünfter (292,50) und Kanada als Sechster die Quotenplätze für Paris. China war wie Großbritannien, die USA (diesmal Achte) und Gastgeber Frankreich (Rang 14) bereits vorher qualifiziert.
“Es sind nur zehn Punkte, die hätten wir beim ersten Kürsprung locker rausholen können. Aber es ist, was es ist - es geht weiter. Wir haben zwei Quotenplätze im Turm-Einzel und die probieren wir uns jetzt natürlich intern zu holen“ sagte Elena. Natürlich wurmt so ein Ergebnis, wenn man 2022 schon mal WM-Fünfter und im vorigen Jahr Sechster wurde. “Das waren zwei schöne Sprünge noch, besonders der nach dem Delfin. Klar, den können wir auch besser, keine Frage, aber da haben wir uns gut zusammengerissen. Und die Schraube am Ende war in Ordnung. Aber am Ende hat es nicht gereicht und da bringt es auch nicht viel zu philosophieren, was hätte anders laufen können”, sagte Christina Wassen. “Hier entscheiden es auf jeden Fall Nuancen. Wenn man sich das Einspringen schon anschaut, da sind auch einige andere durch die Gegend geflogen. Es kann von Sprung zu Sprung variieren, von 4,5 bis zu einer Acht – da weiß man nie, was passiert. Und so ist es im Wettkampf mit der Nervosität immer noch krasser. Aber so ist das Wasserspringen, und das macht es ja auch aus.” Und zum nächsten Happy End fehlen schließlich auch wieder nur Kleinigkeiten.
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Wesemann und Lube meistern Marathon-Vorkampf
Zum Marathon war zuvor der Vorkampf der Männer vom 3m-Brett mit 70 Teilnehmern geraten. Erst nach rund fünf Stunden standen die 18 Qualifikanten für das Halbfinale am Mittwoch (08:00 Uhr MEZ) fest. Mit dabei sind auch beide deutschen Teilnehmer: Europameister Moritz Wesemann (SV Halle) als Fünfter mit 412,45 Punkten und Alexander Lube (SV Neptun Aachen) als Zehnter (387,05). Um die Olympia-Quotenplätze geht es in dieser Disziplin nicht mehr, hier hatte Deutschland durch Wesemanns EM-Titel und den Finaleinzug von Lars Rüdiger (Berliner TSC) bei der letztjährigen WM in Fukuoka (JPN) bereits die maximal möglichen zwei Startplätze gesichert.
Alexander Lube reduzierte für den Vorkampf vorsichtshalber die Schwierigkeiten seiner Sprünge etwas, um dafür lieber sauber durchzukommen. Es zahlte sich aus, während viele andere Fehler machten und es sogar Topleute wie Jack Laugher (GBR/20.) erwischte, den dreimaligen WM-Bronzemedaillengewinner und Olympiadritten von Tokio (JPN) in dieser Disziplin. „Die Sprünge kann man nicht mit einem normalen Wettkampf vergleichen. Wir haben hier so viele hochrangige Sportler patzen sehen, leider auch wirklich fatal. Das ist eine eigene Disziplin, so einen Vorkampf zu springen”, meinte der Aachener. „Ich bin auf jeden Fall zufrieden mit den Punkten. Gerade nach dem Synchronwettbewerb vorgestern gibt mir das jetzt wieder ein bisschen Vertrauen in mich selbst. Es war wieder ein Schritt in Richtung der Leistung, zu der ich hinwill.“ Beim 3m-Synchronspringen zusammen mit Wesemann hatte sich Lube am Sonntag beim Auerbachsalto einen Patzer geleistet, diesen nun aber schnell wieder wegstecken können. „Wir haben hier ein extrem tolles Team. Ich wurde mit so viel Empathie aufgefangen von unseren eigenen Sportler*innen, die haben unglaublich viel getan, um mich aufzubauen. Aber auch Herr Bohm als Cheftrainer ist wirklich super mit der Situation umgegangen, konstruktiv und aufmunternd, und mein betreuender Trainer Philipp (Philipp Becker-Heiden, Anm. d. Red.) hat mich nur in die richtige Richtung gepusht. Ich hatte wirklich unglaublich viel Unterstützung und Rückhalt.”
Beste im Vorkampf waren die beiden Chinesen Xie Siyi (493,05) und Wang Zongyuan (474,30), aber auch Moritz Wesemann kam souverän eine Runde weiter. „Es geht in so einem Wettkampf vor allem um die Stabilität. Weil es so ein langer Wettkampf ist, ist jeder Sprung eigentlich aus dem Kalten. Man erwärmt sich zwar neu, aber man hat kein Gefühl mehr fürs Brett und fürs Wasser. Deshalb geht es darum, stabil durchzuspringen, was ich geschafft habe. Dass dann nochmal ein Highlight kommt wie bei mir am Ende die Dreifachschraube, das macht einen natürlich umso glücklicher.” Der Sprung ist mit einer Schwierigkeit von 3,9 bewertet und zählt zu den schwersten Sprüngen überhaupt in der Welt.
Wer dieses und andere Highlights einmal live sehen will: Vom 21. – 24. März starten Wesemann und die gesamte nationale und internationale Weltelite beim World Aquatics Diving World Cup in Berlin. Das Publikum darf sich beim Weltcup dann erneut auf Wasserspringen auf absolutem Topniveau freuen.
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