Franziska Hentke hat es geschafft! Nervenstark und in absoluter Topform gewann sie heute über ihre Paradestrecke 200m Schmetterling in 2:05.39 Minuten die Silbermedaille und bescherte damit nicht nur sich und dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) sondern ganz Schwimmsportdeutschland das so lang ersehnte WM-Edelmetall.
In einem hochspannenden Finale setzte Hentke auf der letzten Bahn zu einem fantastischen Schlussspurt an, der ihr fast noch den Sieg bescherte. Letztendlich fehlten der Europameisterin von 2016 nur 13/100 Sekunden bzw. fünf zusätzliche Meter an Strecke, um die Spanierin Mireia Belmonte noch einzuholen, die in neuer Weltjahresbestzeit (2:05.26) Gold gewann. Bronze ging an Ungarns „Iron Lady“ Katinka Hosszu (2:06.02).
Überwältigt von ihrem Erfolg konnte die 28-Jährige Magdeburgerin nach dem Rennen ihre Gefühle kaum in Worte fassen: „Im Moment weiß ich eigentlich gar nicht, was ich denken soll! Es ist einfach so geil, dass sich diese ganze Arbeit endlich ausgezahlt hat! … Ich bin einfach sprachlos.“
Ein wenig später fand sie dann doch noch einmal unter Freudentränen zu Wort: „Ich bin so froh, dass ich endlich bei einem Großevent meine Leistung abrufen konnte und nach zwei Jahren endlich auch mal wieder an meine Bestzeit ran geschwommen bin. Ich bin einfach nur überglücklich!“ Mit ihrer Zeit kam Hentke ihrem Deutschen Rekord (2:05,26) ganz nah, den sie vor zwei Jahren bei den German Open in Essen aufgestellt hatte.
Wie sehr der mentale Druck und die Angst vor dem Versagen in der Vergangenheit manchmal auf ihr lastete, offenbarte sie auch: „Teilweise habe ich mich nach einem Anschlag gar nicht mehr getraut auf die Anzeigetafel zu schauen.“ Zu guter Letzt verriet sie der überraschten Reportermenge sogar noch ihren mentalen Trick für die WM, der sich nun als Erfolgsrezept entpuppte: „Ich gehe in Magdeburg sehr gern zum Handball und der Schlachtruf, den die ungarischen Fans hier rufen, hat genau den gleichen Rhythmus wie „hier regiert der SCM“. Genau das hatte ich die ganze Zeit im Kopf und die geile Stimmung vom Handball. Das hat geholfen.“
Erlöst wirkte nach dem Gewinn der Silbermedaille auch Chefbundestrainer Henning Lambertz: „Wir mussten lange auf die Medaille warten. Ich freue mich wahnsinnig. Sie ist Vize-Weltmeisterin geworden, nur hauchdünn an Gold vorbei. Sie hat Silber gewonnen, nicht Gold verloren. Einen ganz ganz großen Glückwunsch an Franziska und ihren Trainer, das haben sie irre hinbekommen. Sie ist eine, die seit Jahren sehr hart arbeitet und sich jetzt belohnt hat.“
Doch wie so oft im Sport lagen Freud und Leid auch heute wieder ganz nah beieinander, besonders im deutschen Team:
Philip Heintz war auch heute im Finale über 200m Lagen wieder schneller als in Rio, für eine bessere Platzierung als bei den Olympischen Spielen oder sogar für eine Medaille hat es trotzdem nicht gereicht. Letztendlich wurde er in 1:57.43 Siebter. Die überragende Form, in der sich der Heidelberger bei den Deutschen Meisterschaften befand, als er in 1:55,76 einen fantastischen neuen deutschen Rekord aufstellte, konnte nicht bis zur WM konserviert werden.
Entsprechend groß die Enttäuschung beim 26-Jährigen nach dem Rennen: „Ich habe wirklich alles gegeben, was ich hatte. Die Zeit ist leider nicht so toll. Ich hatte gehofft, dass es heute schneller geht als gestern, aber irgendwie ging es nicht.“ Zu Gold schwamm der US-Amerikaner Chase Kalisz in neuer Weltjahresbestzeit von 1:55.56. Die Silbermedaille ging an Kosuke Hagino aus Japan (1:56.01), Bronze an den Chinesen Shun Wang (1:56.28).
Auch der noch amtierende Weltmeister über 200m Brust hatte keinen erfolgreichen Tag. In 2:09.61 schied Marco Koch heute im Halbfinale über seine Paradestrecke als Elfter aus. „nach der Vorbereitung hatte ich gedacht, dass es bei der WM um einiges schneller wird. Ich habe alles rausgeholt, was heute drin war. Mehr ging nicht. Jetzt als Titelverteidiger im Halbfinale auszuscheiden ist für mich gar nicht so schlimm, wie wahrscheinlich viele denken. Wir haben in diesem Jahr viel ausprobiert. Außerdem merke ich langsam, dass ich mental einfach eine Pause brauche, um dann wieder voll angreifen zu können. Nach Rio hatte ich ja komplett weiter gemacht“, so Koch der in den Monaten nach den Olympischen Spielen zu zahlreichen Siegen auf der Weltcup-Tour, zwei Kurzbahn-Weltmeistertiteln und einem Kurzbahn-Weltrekord geschwommen war.
In den weiteren Rennen des Abends gab es insgesamt noch drei weitere Medaillenentscheidungen. So gab es z.B. über 100m Freistil der Männer einen amerikanischen Doppelsieg. Es siegte Caeleb Dressel (47.17 Sekunden) vor seinem Landsmann Nathan Adrian (47.87). Bronze gewann der Franzose Mehdy Metella (47.89).
Der nächste Sieg der USA ließ anschließend nicht lange auf sich warten. In 7:43.39 gewann die US-Staffel über 4x200m Freistil der Frauen Gold. Silber ging an China (7:44.96), Bronze an Australien (7:48.51).
Bereits zuvor durfte sich aber auch Brasilien über Gold freuen. Über 50m Rücken der Frauen siegte Etiene Medeiros mit dem minimalsten aller Vorsprünge in 27.14 vor Yuanhui Fu aus China (27.15) und Aliaksandra Herasimenia aus Weißrussland (27.23).
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(LE)