Am Sonntag staunte Verena Schott ein wenig über sich selbst. „Ich weiß nicht, wie ich das gemacht habe“, sagte die 34-Jährige. Gold und Silber hatte sie schon gewonnen bei den Weltmeisterschaften im Para-Schwimmen in der vergangenen Woche in Manchester (GBR), dann gewann sie als Zweite über 50m Schmetterling zum Abschluss noch eine dritte WM-Medaille. Nur die Chinesin Yuyan Jiang war schneller, schwamm in 34,55 Sekunden sogar Weltrekord in der Startklasse S6.
Schott trug damit final zum tollen Abschneiden der Schwimm-Mannschaft des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) bei diesen Titelkämpfen bei, für die Mannschaft von Bundestrainerin Ute Schinkitz war es die insgesamt 17. WM-Medaille in diesem Jahr. Sechs Gold-, sieben Silber-, vier Bronzeplaketten stehen neben acht deutschen Rekorden in der Bilanz, dazu konnten damit bereits vier Frauen-Slots und zwei Männer-Slots für die Paralympics 2024 in Paris (FRA) gesichert werden.
Erfolgreichste Deutsche war die Elmshornerin Tanja Scholz, die in all ihren sechs Rennen Edelmetall abfischen konnte. Je drei drei Gold- und Silbermedaillen nahm die 39-Jährige von der Insel mit nach Hause. „Für mich war es im März sehr schwer gesundheitlich. Ich war wirklich am Limit. Und dass wir jetzt wieder hier sind, ist echt unglaublich. Das ist ein magischer Moment gerade“, sagte sie.
Auch die wohl bekannteste Para-Schwimmerin Elena Semechin gewann wieder Gold über ihre Paradestrecke 100m Brust. „Ich freue mich sehr, dass ich dieses Jahr wieder Weltmeisterin geworden bin“, sagte Semechin und schob hinterher: „Das ist eine große Erleichterung!“ Nach ihrem Sieg bei den Paralympics 2021 war ein Gehirntumor bei der 29-Jährigen diagnostiziert worden, eine OP sowie die kräftezehrende Chemotherapie folgten. Den Krebs hat sie vorerst besiegt. Weltmeisterin nach den beiden harten vergangenen Jahren zu werden, bedeutet Semechin aber nicht mehr als ihr Gold in Tokio: „Der Paralympicssieg ist etwas ganz Besonderes. Und: Ich bin damals schon mit dem Tumor geschwommen“, sagte Semechin. „Es ist einfach Wahnsinn, zu was der Körper fähig ist, wenn es im Kopf stimmt.“
Nach einer für ihn extrem harten Saison feierte Taliso Engel ausgelassen den dritten WM-Titel seiner Karriere. Der 21 Jahre alte Nürnberger, ebenfalls Paralympcissieger in Tokio. (JPN), hatte Anfang des Jahres mit einer schweren Mittelohrentzündung zu kämpfen, hört deswegen immer noch nichts auf dem rechten Ohr. „Ich habe dieses Jahr wirklich gestruggelt mit meinem Ohr“, sagte Engel, dem das Gold von Manchester deshalb „nochmal mehr“ bedeutet als die WM-Titel 2022 und 2019. „Ich bin sehr, sehr zufrieden. Vor allem mit der Zeit – damit habe ich nicht gerechnet.“ Engel schlug nach 1:03,26 Minuten mit komfortablem Vorsprung an.
Gina Böttcher (Silber und 2x Bronze) sowie Maurice Wetekam (Silber) schafften es wie erhofft ebenfalls aufs Podest. Die ersten beiden WM-Medaillen in seiner Karriere konnte zudem Malte Braunschweig gewinnen, der am Samstag in Manchester 23 Jahre alt wurde. „Ich habe es immer noch nicht ganz realisiert, aber es ist wunderschön. Es war sehr emotional für mich, habe nach der ersten Medaille ja viel geweint“, sagte der Athlet vom Berliner Schwimmteam, dessen Bruder Ole Braunschweig, ebenfalls Schwimmer und bei der WM in Fukuoka (JPN) zuletzt Achter über 50m Rücken geworden, daheim dann auch ein paar Freudentränen vergossen hat. In Paris möchte Braunschweig „auch um Medaillen mitkämpfen und auch eine gewinnen. Ich werde alles dafür geben.“
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