Zuletzt in Fukuoka (JPN) gewann Florian Wellbrock zweimal Gold im Freiwasser, bei den Weltmeisterschaften in Doha (QAT/02. – 18. Februar) geht der 26-Jährige viermal an den Start. Ein Gespräch über seine Erwartungen dabei.
Mit welchen Zielen starten Sie in diese vom Termin her so ungewöhnliche Weltmeisterschaft, Herr Wellbrock?
Florian Wellbrock: Ich habe im Freiwasser zwei Titel zu verteidigen. Das ist schon eine Mammutaufgabe, nichtsdestotrotz habe ich auch große Lust darauf und freue mich auf diese Rennen. Im Becken folgen danach noch die 800m und 1500m Freistil mit der Chance auf Olympiatickets. Platz vier und dabei schnellster Deutscher zu sein ist dort deswegen das Ziel, damit ich dann mit zwei zusätzlichen Olympiatickets nach Hause komme.
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Das klingt ja fast so, dass Ihnen die Beckenrennen diesmal wichtiger sein könnten, oder wie gewichten Sie das selbst?
Das würde sich ja anhören, als wenn mir das Freiwasserschwimmen unwichtig wäre. So ist es aber nicht. Ich gehe alles voll an und werde mich dann von Rennen zu Rennen hangeln, genau wie ich es zuletzt in Fukuoka oder auch in Budapest (dort gewann Wellbrock 2022 sogar fünf WM-Medaillen, d.Red.) gemacht habe. Das ist wieder ein hartes Programm mit vier Strecken und wird sicher hart, aber ich an sich gut vorbereitet. Natürlich setze ich mir für jede Strecke individuelle Ziele, aber ich muss schauen, wie weit ich damit komme.
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Als bester Deutscher in den Top 4 der WM sichert man sich laut den nationalen Nominierungskriterien vorzeitig das Olympiaticket. Daher kommt es in Doha sicher zu spannenden internen Duellen mit Sven Schwarz, der diese beiden Strecken auch schwimmen wird. Schwarz entwickelte sich zuletzt stark, konnte Sie bei der Kurzbahn-DM sogar schon mal bezwingen. Wie ist Ihr Verhältnis?
Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Ich war mit Sven 2022 zusammen bei der Bundeswehrgrundausbildung in Hannover, wir verbringen auch sehr viel Zeit in den Trainingslagern und bei diversen Wettkämpfen miteinander, dadurch kennen und verstehen wir uns extrem gut. Ich denke, das macht unseren sportlichen Konkurrenzkampf um so fairer und auch schöner.
Die WM-Terminierung im Frühjahr einer Olympiasaison ist nicht unumstritten. Wie genau haben Sie verfolgt, welcher Konkurrent aus anderen Nationen nun für Doha gemeldet hat oder eben auch nicht?
Natürlich schaut man da immer ein bisschen drauf. Ich weiß daher, dass Bobby Finke (USA) und Samuel Short (Australien) diesmal nicht dabei sind, aber mit Gregorio Paltrinieri (ITA) oder Daniel Wiffen (IRL) sind genug große Namen dabei, die es sicher spannend genug machen.
Ihr Trainer sprach angesichts vieler Krankheitsfälle in der Magdeburger Topgruppe von einer herausfordernden Saison. Die Beckenrennen in Doha können Sie beispielsweise auch deswegen bestreiten, weil Kollege Lukas Märtens auf die langen Kanten verzichtet. Wie sind Sie eigentlich durch die Saison gekommen?
Für die Gruppe war es insgesamt tatsächlich schwierig im Herbst. Es hat sehr lange gedauert, bis alle dann endlich mal gleichzeitig beim Training waren. Das hat uns Aktive viel beschäftigt, und die Trainer waren irgendwann sicher auch genervt. Ich persönlich bin allerdings ganz gut durchgekommen, Gott sei dank. Zuletzt lief es insgesamt wieder besser auch in der Gruppe, aber wir sollten dringend sehen, dass wir nun weitgehend gesund bleiben im Saisonverlauf.
Gibt es besondere Maßnahmen zur Infektionsabwehr, ziehen Sie nun vielleicht ein Einzelzimmer vor im WM-Hotel?
Nein, ich bin zwar vorsichtig und wische mir beispielsweise vorm Essen immer erst die Hände ab, wenn ich beim Auftun am Buffet eine Gabel für die Allgemeinheit angefasst habe. Mit solchen Kleinigkeiten erreicht mehr, als sich von der Gruppe komplett abzukapseln. Davon bin ich ohnehin kein Freund, das wäre mir viel zu langweilig. Ich brauche bei einer WM auch einen Kumpel, mit dem ich die Pausenzeiten gut überbrücken kann.
Einen Teil der WM-Vorbereitung absolvierten Sie in Südafrika. Wollten Sie sich so auch auf die wärmeren Bedingungen in Katar einstellen?
Es war tatsächlich schönes Wetter in Südafrika, so warm wie dort wird es in Doha aber nicht. Fürs Freiwasserschwimmen rechnen wir mit um die 20 Grad Wassertemperatur, draußen sind es zu dieser Zeit auch nur maximal 25. Es wird also ein relativ frisches Rennen, denn Neoprenanzüge sind ja nur noch unter 18 Grad erlaubt. Heiße Bedingungen wie in Fukuoka mag ich definitiv lieber, aber damit ist diesmal nicht zu rechnen. Aber das macht das Freiwasserschwimmen nun mal auch aus, dass man sich alle möglichen äußeren Gegebenheiten einstellen muss.
Wie geht die Saison nach der Rückkehr vom Persischen Golf für Sie weiter?
Nach ein paar Tagen Pause geht es dann für vier Wochen ins Höhentrainingslager, danach stehen im April Beckenrennen in Magdeburg und Berlin im Rahmen der Olympiaqualifikation auf dem Fahrplan. Wenn Bernd Berkhahn weiß, wer sich wofür genau qualifiziert hat, wird er unsere Planungen Richtung Paris sicher noch einmal konreter darauf anpassen.
Ist ein EM-Start im Juni in Belgrad ein Thema? Diese Titelkämpfe kamen kürzlich ja auch noch in den vollen internationalen Kalender.
Bislang war zu dieser Zeit ein weiteres Höhentraining geplant, das wir für einen Start bei der Sette Colli Trophy in Rom unterbrechen wollen. Vermutlich bleibt es dabei, aber das entscheidet sich wie gesagt wohl erst im April.
Gibt es in der Olympiasaison eigentlich große Neuerungen in ihrem Tun?
Mein Ausrüster Arena hat für die Olympiasaison eine neue Wettkampfhose entwickelt, ich habe sie schon für Doha im Gepäck. Ich staune selbst, wie es auch auf diesem Gebiet immer wieder vorangeht. Und bin froh, dass ich dabei auch mit in den Entwicklungsprozess eingebunden werde und wie auf mein Feedback nach den Tests der Prototypen reagiert wird. Es ist für mich dann immer interessant zu sehen, wie und was geändert wird nach den ersten Tests und wie sich das ein paar Wochen dann auf der Haut anfühlt.