Nach den Rennen von Josha Salchow müssen die Medienleute bei den Olympischen Spielen in Paris (FRA) jedes Mal tiefer in die Geschichtsbücher schauen. Schon die Finalqualifikation des Heidelbergers über 100m Freistil war eine historische Leistung gewesen, seit 1992 (Christian Tröger in Barcelona/ESP) hatte das kein deutscher Schwimmer mehr geschafft. Nach seinem sechsten Platz in Rekordzeit von 47,80 Sekunden musste die Presse nun sogar noch ein wenig weiter zurückblättern – schließlich war es die beste Platzierung eines Deutschen auf dieser gerne auch als Königsdisziplin bezeichneten Strecke seit mehr als vier Jahrzehnten. Jörg Woithe hatte 1980 bei den Boykottspielen in Moskau (RUS) Gold gewonnen.
„Unfassbar”, konnte Salchow seine Leistung selbst kaum glauben. Der 25-Jährige blieb im Pariser Becken fünf Hundertstel unter dem von ihm selbst gehaltenen deutschen Rekord, den er erst im Frühjahr diesen Jahres aufgestellt hatte. Zu den ersten Gratulanten gehörte der Australier Kyle Chalmers, mit dem Salchow in den vergangenen zwei Jahren in „Down Under“ zusammen trainiert hatte und der in diesem Rennen mit 47,48 Silber gewann, eine Hundertstel vor David Popovici (ROU/47,49). „Es kam mir gar nicht wie ein olympisches Finale vor. Ich war war vorher noch mit Kyle im Gespräch, wir waren völlig woanders. Und ich glaube, das hat uns beiden irgendwie nochmal so ein bisschen den Druck genommen und Sicherheit gegeben. Das Ding haben wir zu zweit gerockt. Ich bin einen deutschen Rekord geschwommen, er hat eine Medaille aus dem Becken geholt, also besser geht's nicht”, so Salchow.
Gold ging an den Chinesen Pan Zhanle, der seine eigene Weltbestmarke von der WM in Doha (QAT) gleich um vier Zehntel verbesserte und mit 1,08 Sekunden den größten Vorsprung eines Olympiasiegers seit fast 100 Jahren hatte – 1928 in Amsterdam (NED) lag der spätere „Tarzan“-Darsteller Johnny Weissmüller 1,2 Sekunden vor dem Zweitplatzierten, damals wurde allerdings noch per Hand gestoppt. Es war der erste Weltrekord im Schwimmen bei den laufenden Sommerspielen.
Lukas Märtens auf seiner „Spaßstrecke“ erneut im Endlauf
Auch Lukas Märtens (SC Magdeburg) hat in Paris ein weiteres Mal Geschichte geschrieben. Der Olympiasieger über 400m Freistil schaffte auch über 200m Rücken den Sprung in den Endlauf und damit seine insgesamt schon fünfte Finalteilnahme bei diesen Spielen nach den 200m und 400m Freistil und den beiden Kraulstaffeln über 4x100m und 4x200m. Zuletzt war im Männerbereich aus deutscher Sicht Michael Groß ein derartiger Durchmarsch gelungen, der „Albatros“ stand 1988 in Seoul (KOR) damals sogar in sechs Finals.
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Mit 1:56,33 Minuten lag Märtens im Halbfinale nur rund drei Zehntel über seiner Bestzeit (1:56,00) und auch nicht weit vom deutschen Rekord (1:55,87) von Jan-Philip Glania entfernt. Gemeinsam mit dem Griechen Apostolos Christou lag der Magdeburger damit in der Addition beider Läufe auf dem geteilten vierten Platz, in Schlagdistanz zur Top drei, die vom Ungarn Hubert Kós (1:55,96) angeführt wurde. „Das wäre gar nicht schlecht, wenn es mit dem deutschen Rekord klappt und ein guter Platz herausspringt. Aber ich habe überhaupt keinen Druck mehr, das ist eine Spaßstrecke. Da bin ich jetzt im Finale als Vierter, das ist schon nicht so schlecht“, sagte er. Für den Deutschen Schwimm-Verband e.V. (DSV) war es in der französischen Hauptstadt bereits das 15. Finalticket, und es stehen ja noch vier Tage der Schwimmwettbewerbe in der La Défense Arena aus. 2021 in Tokio (JPN) hatte der DSV im Becken insgesamt acht Finalplätze erreicht.
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