Lukas Märtens: Guter WM-Auftakt soll als Push für das ganze Team dienen

Lukas Märtens musste sich gut überlegen, wie er sich seine WM-Strecken legt ©Jo Kleindl

Fast alles hat Olympiasieger Lukas Märtens schon gewonnen in seiner Schwimmkarriere, nur ein Weltmeister-Titel fehlt dem 23-Jährigen vom SC Magdeburg noch in seiner beeindruckenden Karriere. Bei den Titelkämpfen in Singapur stehen "seine" 400m Freistil gleich zum Auftakt der Beckenrennen am 27. Juli auf dem Programm. Aus seinen Zielen macht der Schwimmer daher auch keinen Hehl, allerdings ohne sich komplett unter Druck zu setzen dabei..

Lukas, genau ein Jahr nach deinem grandiosen Triumph in der La Défense Arena von Paris wird es wieder so sein, dass viele auf dich schauen beim allerersten Schwimmfinale dieser WM. Wie gehst du die Sache an? Wird diesmal etwas anders?

Lukas Märtens: Im Großen und Ganzen wohl nicht. Schon bei den Olympischen Spielen bin ich mit der Einstellung herangegangen, dass es am Ende nur ein Wettkampf wie jeder andere ist. Das nimmt ein bisschen Druck raus und gibt einem das Gefühl, man muss eigentlich nichts anderes machen als sonst auch. Genau so werde ich das jetzt wieder angehen. Zudem habe ich ja gute Vorleistungen gebracht und mich für alle Strecken qualifiziert, die ich wollte. Und ich sehe es dann auch schon so ein bisschen als meine Aufgabe an, dem Team mit einem guten Auftakt vielleicht wieder einen kleinen Push zu geben. Das klappte ja in der Vergangenheit ganz gut. Und ein wenig genieße ich es ja auch, dort als Olympiasieger an den Start gehen zu können und den Zuschauern zu zeigen, was noch alles in mir steckt.

>> Zum WM-Zeitplan mit allen DSV-Starts im Becken

Dein Fabel-Weltrekord im Frühjahr, bei dem du Paul Biedermanns Bestmarke aus Zeiten der inzwischen verbotenen Hightech-Anzüge unterbieten konntest und als erster Mensch die 400m unter 3:40 Minuten absolviert hast, hat nicht nur viel Aufmerksamkeit generiert. Sondern automatisch auch die Erwartungshaltung, dass der WM-Sieg jetzt wohl Formsache sein müsste. Ist das nicht auch eine Last?

Auf keinen Fall. Ich bin ja zum Glück jemand, der nie ganz zufrieden ist. Das zeigt der Weltrekord nach Olympia, obwohl die wenigsten damit gerechnet haben, dass der so schnell fällt. Obwohl die Vorbereitung nicht perfekt war. Obwohl der Einstieg in die Saison mal wieder nicht so war, wie sich den mein Trainer Bernd Berkhahn vielleicht vorgestellt hatte. Aber man hat dann auch bei den Deutschen Meisterschaften gesehen, dass ich immer abliefern kann und voll da bin, wenn es darauf ankommt. Auch in London war ich danach richtig schnell. Diese Fähigkeit kam aber nicht einfach so von allein, da steckt sehr viel Übung dahinter. Auch negative Erfahrungen haben mich diesbezüglich wachsen und stark werden lassen. Auf diese Stärke kann ich nun auch in Singapur vertrauen.  

Also zählt diesmal nicht nur der eine Titel?

Nein, so denke ich für mich da doch auch gar nicht. Wenn man nur noch dieses große Ding vor Augen hat, Weltmeister zu werden, dann kann das schon sehr groß wirken. Und man macht sich womöglich zu viele Gedanken, ob man dafür überhaupt bereit ist. Deswegen gehe ich das einfach als einen Wettkampf an wie jeden anderen auch. Ich kenne die Jungs, die da gegen mich antreten, jetzt mittlerweile ganz gut, wir sind schon sehr oft gegeneinander geschwommen. Ich möchte jetzt auch nicht sagen, dass ich da gelassen herangehe, aber mit einer gewissen Selbstsicherheit. Außerdem bin ich doch erst 23. Damit hat man noch ein paar erfolgreiche Jahre vor sich. Ich weiß also, dass ich auf jeden Fall noch mehrere Chancen habe auf diesen Titel.

Wie groß ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Meeting wie in Stockholm (SWE), bei dem auch mal ein besonders schnelles Angangstempo riskieren kann, ohne dass es bei einem Scheitern groß wehtut, und einem WM-Finale?

Der Unterschied ist riesig groß. Bei der WM oder bei den Spielen kommt es darauf an, als Sieger aus dem Wasser zu klettern. Die Zeit ist dabei letztlich völlig egal. Deswegen werden wir bei der WM ein anderes Rennen sehen als in Stockholm. Natürlich sollte man sich niemals verstecken, vor allem als Weltrekordhalter und Olympiasieger nicht. Man darf das Rennen nämlich auch nicht zu passiv angehen oder den anderen zu viel Luft zum Atmen geben. Aber wie ein Verrückter loszuschwimmen und noch mal auf diesen Weltrekord zu gehen, das wäre die falsche Herangehensweise. Aber wir werden sehen, wie es sich an dem Tag dann anfühlt. Es hängt immer viel von der Tagesform ab.

Und von der Konkurrenz ja auch.

Man muss in einem großen Finale immer abgleichen, wie fühle ich mich, was macht die Konkurrenz gerade, man schaut einfach viel mehr nach rechts und links. Bernd Berkhahn beobachtet die Gegner auch schon im Vorlauf ganz genau und sagt mir dann, was wohl zu erwarten ist. Wir haben über die Jahre einfach ein gutes Gespür dafür entwickelt, wie man ein Rennen angehen oder auf welche Dinge man achten muss. Letztlich muss ich aber auch auf den Punkt fit sein, meine Leistung bringen. Die Konkurrenten kann man nur bedingt beeinflussen, vielleicht auch gar nicht auf diesem Niveau.

Gegenüber Paris hat sich dein WM-Programm geändert: Du lässt diesmal die 200m Freistil aus und startest stattdessen über 800m. Wie kam es zu der Entscheidung?

Wir haben uns die gesamte Vorbereitung Zeit gelassen mit der Entscheidung, denn keine der beiden Strecken sticht wirklich heraus. Aber beides funktioniert einfach nicht nach den 400 Metern innerhalb von drei, vier Tagen. Ich habe das 2023 in Fukuoka mal probiert, aber das war brutal und es reichte einfach nicht für alles. Am Ende ist es einfach nur ein Luxusproblem.

Du könntest ja mal bei den Programmplaner*innen des Weltverbandes einen Wunsch platzieren, um eine Änderung zu erwirken!

Bei den Frauen sind diese Strecken auf jeden Fall besser in der Wettkampffolge verteilt. Aber bei den Männern gibt es einfach zu wenige, die so verrückt sind wie ich und die Kombination 200, 400 und 800 schwimmen wollen. Aber langweilig wird es mir ja auch so nicht, ich schwimme nämlich auch noch die 200 Meter Rücken und zwei Staffeln in Singapur. Da bleibt auch diesmal keine Zeit für Sightseeing.

Noch etwas ist diesmal anders als in Paris. Du schwimmst in diesem Jahr im Rennanzug deines neuen Ausrüsters Speedo. Wie war die Umstellung für dich?

Ich hatte viel Zeit und genug Möglichkeiten, alles zu testen und auszuprobieren. Ich bin mit dem neuen Material von Speedo wirklich sehr zufrieden, kann dort übrigens auch Entwicklungen anstoßen. Zudem tragen ja nicht umsonst auch viele Topstars aus den USA oder Australien diese Marke. Deswegen fahren wir als Verband und auch ich als Einzelperson wirklich sehr gut damit.

 

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