Vorreiter für Gleichberechtigung: Synchronschwimmer Frithjof Seidel beendet seine Karriere im Nationalteam

Kaum ein Aktiver aus dem Synchronschwimmen stand in den vergangenen Jahren derart im Rampenlicht wie Frithjof Seidel. Der Berliner war einer der wenigen Männer, die diesen Sport betreiben. Zudem war er erst 2021 als Quereinsteiger vom Wasserspringen herübergewechselt und hatte sich binnen kürzester Zeit beim Synchronschwimmen etabliert – eine Comeback-Geschichte, wie sie die Medien lieben. Zumal auch die sportlichen Leistungen stimmten. 2023 war Seidel Teil des deutschen Teams, das bei den Europameisterschaften in Oświęcim (POL) Silber in der Kombination gewann, ein Jahr später jubelte er mit dem Team über den EM-Titel in der Acrobatic Routine – den ersten für Deutschland in 50 Jahren EM-Geschichte.

Beide Male sorgte der Berliner für ein Novum. Er war der erste Mann überhaupt auf einem EM-Podium in einem Teamwettbewerb und auch der erste, der in einer Mannschaftsdisziplin im Synchronschwimmen Gold holte. „Es war schön zu sehen, wie es plötzlich ganz normal war, dass wir einen Mann mit im Team hatten. Ich habe das Gefühl, dass ich damit Teil eines Prozesses war, der uns als Sportart in Deutschland und als Gesellschaft insgesamt vorangebracht hat. Und das ist etwas, worauf ich sehr stolz bin“, sagte Seidel.

Bei der WM in Singapur ging er zuletzt für den Deutschen Schwimm-Verband e.V. (DSV) an den Start. Jetzt hat Frithjof Seidel hat seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt. „Ich habe inzwischen ein gewisses Alter erreicht und möchte mich jetzt anderen Aspekten in meinem Leben widmen. So sehr ich das Synchronschwimmen liebe“, erklärte der 28-Jährige vom SC Wedding 1928. „Es ist schön zu sehen, wie sich der Sport entwickelt hat. Gerade auch, was die Beteiligung von Männern und deren Leistungsniveau angeht, das stetig gewachsen ist. Aber jetzt ist es für mich an der Zeit, Platz zu machen für eine neue Generation.“

Die Familie, Freund*innen und auch die Uni hätten in den vergangenen Jahren oft zurückstecken müssen, so Seidel. Er will sich nun seinem Masterstudium in Physikalischen Ingenieurwissenschaften an der Technischen Universität Berlin widmen und im Berufsleben Fuß fassen. Gleichzeitig möchte er dem Synchronschwimmen verbunden bleiben, vielleicht sogar als Trainer – eine entsprechende C-Trainerlizenz besitzt er bereits. „Ich habe gemerkt, dass ich gerne am Beckenrand stehe und coache. Das ist tatsächlich eine Sache, die ich gerne weiterverfolgen möchte“, sagte er.

 

Erfolgreicher Wechsel vom Wasserspringen zum Synchronschwimmen

 

DSV-Vorstand Leistungssport Christian Hansmann dankte Frithjof Seidel für sein Engagement und seine Leidenschaft und die Erfolge, die er in den vergangenen Jahren für den DSV und das deutsche Synchronschwimmen erreicht hat. „Neben den sportlichen Erfolgen warst und bist du ein Vorreiter und Aushängeschild der Sportart im und außerhalb des Schwimmbeckens. Dein Einsatz, sowohl sportlich als auch menschlich, haben die Mannschaft und den Verband bereichert und Spuren hinterlassen“, sagte Hansmann.

Begonnen hatte Seidels sportliche Karriere einst beim Wasserspringen beim SV Halle und später dann beim Berliner TSC. Bereits mit 18 Jahren gewann er 2015 bei den Europaspielen in Baku (AZE) Bronze im 3m-Synchronspringen zusammen mit Nico Herzog. 2019 holte er bei der Universiade in Neapel (ITA) Bronze vom 1m-Brett. Doch er hatte irgendwann das Gefühl, nicht mehr voranzukommen. Auf eine Anfrage der Berlinerin Michelle Zimmer, die er bereits aus Baku kannte und die auf der Suche nach einem Mixed-Duett-Partner war, wagte er den Schritt zum Synchronschwimmen. „Michelle hat mir eine zweite Chance geschenkt, dafür bin ich sehr dankbar. Es war ein großes Wagnis, nach 18 Jahren Wasserspringen noch einmal etwas ganz Neues zu starten, umso glücklicher bin ich, wie es gelaufen ist. Die Zeit beim Synchronschwimmen hat mich auch menschlich nochmal sehr vorangebracht. Ich würde die Entscheidung deshalb auch immer wieder so treffen.“

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