DSV-Chef entsetzt über Enhanced Games: „Perverse Menschenversuche“

Der griechische Olympiateilnehmer Kristian Gkolomeev beim Start @Enhanced Games
- 22.05.2025
In der US-Metropole Las Vegas sollen in einem Jahr, vom 21. – 24. Mai 2026, die Enhanced Games stattfinden, bei denen Doping erlaubt ist und die Teilnehmer*innen „Weltrekorde“ auch mithilfe leistungsfördernder Mittel aufstellen sollen. Ein fragwürdiges, gleichwohl öffentlichkeitswirksames Konzept, bei dem es vor allem um viel Geld geht.
Schon seit die Idee vor knapp zwei Jahren erstmals bekannt wurde, hagelt es Kritik in der internationalen Welt des Sports. Nachdem die genauen Pläne nun am Mittwoch (Ortszeit) in einer Pressekonferenz verkündet wurden, äußert sich auch der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Schwimm-Verbandes e.V. (DSV) Jan Pommer entsetzt. „Das sind perverse Menschenversuche von Tech-Bros, die nach dem ewigen Leben streben“, kritisierte er. „Die Werte eines sauberen und fairen Sports, für die wir als Verband stehen mit unseren Athlet*innen im Mittelpunkt, werden bei den Enhanced Games mit den Füßen getreten.“
Die Welt-Anti-Doping-Agentur sprach bereits vorher ebenfalls von einem „gefährlichen und unverantwortlichen“ Konzept. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) erklärte im Vorfeld: „Die Idee der ,Enhanced Games' verdient keinen Kommentar. Wenn man das Konzept von Fairplay (...) im Sport zerstören will, ist das ein guter Weg.“
Sehnsucht nach der Super-Menschheit – und Trumps Sohn finanziert mit
Die Idee der Enhanced Games stammt vom australischen Unternehmer Aron D’Souza. Auf dessen Instagram-Profil heißt es: „Auf der Mission, eine neue Super-Menschheit zu schaffen.“ Hinter dem Projekt steht unter anderem auch der deutsche Milliardär Christian Angermayer, Mitgründer eines Biopharma-Unternehmens, der gegenüber dem US-Magazin „Forbes“ einmal erklärte: „Der Mensch ist darauf programmiert, den schnellsten Mann oder die schnellste Frau sehen zu wollen. Wir wollen nicht den schnellsten natürlichen Menschen sehen.“
Als einer der Investoren agiert außerdem Donald Trump Junior. Der älteste Sohn des US-Präsidenten trägt über den 1789 Capital Fund mehrere Millionen Dollar zu dem umstrittenen Ereignis bei. „Hier geht es um Exzellenz, Innovation und amerikanische Dominanz auf der Weltbühne – etwas, worum es der MAGA-Bewegung (Make America Great Again, Anm. d. Red.) geht“, sagte er. Die Enhanced Games haben damit auch sofort eine politische Komponente.
Eine Million US-Dollar für einen neuen „Weltrekord“
Die leistungssteigernden Medikamente dürfen nach Angaben der Organisatoren nur unter ärztlicher Aufsicht genommen werden. Insgesamt neun Disziplinen gibt es: Beim Schwimmen die Wettkämpfe über 50m und 100m Freistil und Schmetterling, in der Leichtathletik die Sprints über 100m und 110m Hürden, dazu kommen drei Kategorien im Gewichtheben. Ausgetragen werden soll alles auf dem Hotel- und Casinogelände „Resorts World“ in Las Vegas.
Trotz aller Kritik an dem Format gebe es tausende Sportler*innen, die 2026 dabei sein wollten, betonte Aron D’Souza. Angelockt auch von hohen finanziellen Anreizen. Neben Antrittsgeldern (die es bei Olympia nicht gibt) und Platzierungsprämien werden für jeden neuen „Weltrekord“ mindestens 250.000 US-Dollar ausgelobt. Wer über 100m in der Leichtathletik sowie beim Schwimmen über 50m Freistil unter dem echten Weltrekord bleibt, erhält dafür sogar eine Million US-Dollar.
Grieche Gkolomeev unterbietet unter irregulären Bedingungen die 50m-Bestzeit
Beim Schwimmen wurde dieser Betrag schon einmal fällig. Am Tag der Pressekonferenz wurde ein Video veröffentlicht, in dem der griechische Olympiateilnehmer Kristian Gkolomeev den bestehenden Langbahn-Weltrekord über 50m Freistil von César Cielo (BRA) unterbietet. Dieser steht seit 16 Jahren bei 20,91 Sekunden – Gkolomeev schwamm nun zwei Hundertstel schneller. Dabei trug er wie damals der Brasilianer ebenfalls einen der inzwischen verbotenen Hightech-Anzüge, die Leistung war nach heutigem Standard also gleich doppelt irregulär. Die Zeit wurde offenbar bereits im Februar im Greensboro Aquatic Center in North Carolina (USA) aufgestellt. Gkolomeev sagte, er habe erst zwei Wochen davor angefangen, leistungssteigernde Mittel einzunehmen
„Ich habe noch nie von diesem Typen gehört, aber er hat den Weltrekord über 50 Meter Freistil der Männer gebrochen. Ich dachte nur: Das ist ein ziemlicher Tritt in den Hintern für jeden Sportler, der sein ganzes Leben lang trainiert hat“, kommentierte Australiens Schwimm-Star Ariarne Titmus. Ihr Landsmann, Ex-Weltmeister James Magnussen, unterstützt dagegen die Idee der Enhanced Games; er war schon vor Monaten der erste Sportler, der sich öffentlich dazu bekannte. Am Mittwoch gab auch der ukrainische Weltrekordhalter über 50m Schmetterling Andrii Govorov bekannt, nächstes Jahr an den Doping-Spielen teilnehmen zu wollen – wenige Tage, nachdem er seinen Rücktritt vom olympischen Sport erklärte.
Cheftrainer fürs Schwimmen bei den Enhanced Games wird der zweifache Olympiateilnehmer Brett Hawke, gebürtiger Australier und inzwischen US-Staatsbürger. Mit „Inside With Brett Hawke” betreibt der 49-Jährige den nach eigenen Angaben weltweit führenden Schwimm-Podcast.