Grandioses DM-Finale mit Rekorden von Elendt und Armbruster

Wellbrock gewinnt gigantisches 1500m-Rennen in Berlin.

Synchronschwimmen ist auch in der denkbar höchsten Geschwindigkeit möglich. Das bewiesen Florian Wellbrock (SC Magdeburg), Sven Schwarz (Waspo 98 Hannover) und Oliver Klemet (SG Frankfurt) am Sonntag beim Rennen über 1500m Freistil bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin. Eindrucksvoll raste das Trio auf Augenhöhe 29 Bahnen lang nebeneinander her, der finale Endspurt riss das Publikum dann komplett von den Sitzen. Nach 14:36,25 Minuten setzte sich Wellbrock dabei vor 800m-Europarekordler Schwarz (14:36,82) und Klemet (14:39,03) durch. Auch Nachwuchstalent Johannes Liebmann (SC Magdeburg/14:57,47) blieb als Vierter erneut unter der Normzeit (14:57,50) des Schwimm-Verbandes e.V. (DSV) für die Weltmeisterschaften in Singapur (11. Juli – 03. August).

„Bei den 800 Metern hat Sven mich vorgestern schon ein bisschen geschockt. Um so wichtiger war mir heute, deutlich unter 14:40 zu bleiben. Das hat geklappt“, meinte Wellbrock im Siegerinterview. "Ich wollte auf keinen Fall ohne Meistertitel nach Hause gehen. Ich glaube, ich bin seit 2016 ungeschlagen bei Deutschen Meisterschaften, das wollte ich nicht hergeben."

„Es ist einfach unfassbar, dass der Olli heute mit einer 14:39 seinen WM-Startplatz verloren hat. Das gibt es nirgendwo anders auf der Welt“

Wie hart umkämpft es auf den Langstrecken in Deutschland aktuell zugeht, belegt zudem der Fakt, dass die drei Erstplatzierten dieser Titelkämpfe nun auch geschlossen an der Spitze der Weltjahresbestenliste stehen. „Es ist einfach unfassbar, dass der Olli heute mit einer 14:39 seinen WM-Startplatz verloren hat. Das gibt es nirgendwo anders auf der Welt“, betonte Wellbrock. Ähnlich hatte es schon über 800m Freistil ausgesehen, da war Wellbrock trotz der drittschnellsten Zeit des Jahres weltweit leer ausgegangen im Kampf um die WM-Plätze hinter Schwarz und Lukas Märtens.

„Das tut mir leid für dich. Aber das Niveau bei uns ist nun mal brutal hoch“, sagte Schwarz und nahm seinen Konkurrenten Klemet dabei tröstend in den Arm. „Mit der Zeit kann ich zufrieden sein. Es ist natürlich hart, aber die anderen haben einfach einen noch besseren Job gemacht“, konstatierte Klemet selbst. „Das Rennen war von Anfang an sehr schnell. Als ich nach 500 Metern in Führung ging, hatte ich sogar kurz mal gehofft, wegschwimmen zu können. Das funktionierte aber nicht. Zum Ende wurde es dann etwas zu hart für mich.“ Dank seines starken 400m-Rennens wird aber auch der Olympiazweite über 10km wie Wellbrock einen Doppelstart in Freiwasser und Becken in Singapur haben. Schwarz wird in den beiden längsten Beckenrennen bei der WM dabei sein.

>> Alle Ergebnisse der DM Schwimmen

Bei den Frauen zog Isabel Gose dagegen wieder sehr einsam ihre Kreise und siegte über 800m Freistil in 8:20,42 Minuten. Trotz Saisonbestzeit war die 22-Jährige vom SC Magdeburg schon auch etwas neidisch auf die männlichen Kollegen. „Natürlich ist es toll, sich vorn absetzen können. Trotzdem ist manchmal nicht so einfach, alleine zu schwimmen. Wenn es hart wird, lässt man sich manchmal davon beeinflussen. Da gehen mir Sachen durch den Kopf, die ich hier lieber nicht wiedergebe“, verriet Gose nach ihrem dritten Titelgewinn in diesem Jahr. Mit ihren Zeiten wird sie über 400m, 800m und 1500m Freistil wieder ganz vorn mitmischen können bei der WM.

Anna Elendt schwimmt deutschen Rekord und gewinnt das fünfte Gold 

Bereits am DM-Samstag hatte Anna Elendt die 200m als ihre liebste Bruststrecke bezeichnet, dort aber noch leicht einschränkend hinzugefügt: „Fragt mich morgen nach dem Rennen nochmal.“ Die Leistung, die sie dann am Sonntag in Berlin ablieferte, war jedenfalls ein starkes Argument dafür. Die 23-Jährige vom SG Frankfurt verbesserte ihren erst eine Woche alten deutschen Rekord auf 2:23,54 Minuten. Mit dieser Zeit unterbot sie erneut die Norm (2:25,60) für die Weltmeisterschaften in Singapur und sortierte sie sich in der Weltjahresbestenliste als momentan Vierte ein.

„Ich bin sehr glücklich, ich hätte nicht gedacht, dass ich am Ende des Wettkampfes nochmal so schnell schwimme“, sagte sie. Schließlich hatte die Hessin am Schlusstag bereits einige Rennen in den Beinen. Mit drei Einzelsiegen in allen drei Brustdisziplinen und fünf Titeln insgesamt – auch mit den Frankfurter Staffeln war sie doppelt erfolgreich – war sie in diesem Jahr die erfolgreichste Teilnehmerin dieser Meisterschaften.

„Ab 100 Metern hat es weh getan. Heute früh war schon anstrengend, dass ich jetzt trotzdem nochmal fast vier Sekunden schneller war, ist umso schöner“, so Elendt. Einsam schwamm sie an der Spitze vorneweg, im Ziel lag sie fast vier Sekunden vor Vorjahressiegerin Lena Ludwig (SV Nikar Heidelberg/2:27,33). „Ich habe gut trainiert und da schon gemerkt, dass im Training schon an die Zeiten herankomme, die ich normalerweise im Wettkampf geschwommen bin“, sagte Elendt. Nach einer durchwachsenen Olympiasaison sei die Lust am Schwimmen zurückgekehrt. „Jetzt hoffe ich, dass ich bei der WM meine Form bestätigen kann und vielleicht nochmal besser schwimme. Aber ich gehe da ganz ohne Druck ran.“

Bei den Männern ging der Titel auf der längsten Bruststrecke an Lucas Matzerath in 2:11,43 Minuten. Einen Tag nach seinem 25. Geburtstag hatte der Frankfurter zunächst recht deutlich vorne gelegen, am Ende musste er sich allerdings mächtig strecken, um Kenneth Bock (Potsdamer SV/2:11,59) auf Rang zwei zu verweisen. „Die ersten 100 Meter sind gut gelaufen, hinten raus hatte ich dann aber leider nicht mehr genug Energie, um es unter der Normzeit (2:10,60, Anm. d. Red.) nach Hause zu bringen. Aber die Atmosphäre in der Halle hat mich gut getragen. Den Sieg wollte ich mir nicht nehmen lassen.“

Schnelle DM-Sprints: Armbruster mit Rekord, Köhler mit Doppelgold, Salchow mit Norm 

Luca Nik Armbruster hatte schon länger diesen Traum: als erster Deutscher über 50m Schmetterling die 23-Sekunden-Marke zu knacken. Bei den Deutschen Meisterschaften hat sich der 23-Jährige von der SG Neukölln diesen Traum nun erfüllt. Mit 22,92 Sekunden sorgte Armbruster am Sonntag für diesen historischen Moment und steht nun als alleiniger deutscher Rekordhalter da. Die alte Bestmarke von 23,02 hatte er sich zwei Jahre lang mit Steffen Deibler teilen müssen.

Nach dem Titelgewinn samt WM-Norm über 100m Schmetterling zum Auftakt der Titelkämpfe am Donnerstag sorgte der Erfolg in Rekordzeit über die Sprintdistanz nun für einen gelungenen Ausklang dieser Berliner Tage für Armbruster. „Ich habe super stark angefangen und wollte natürlich auch mit einem tollen Abschluss rausgehen“, sagte er. Im Vorlauf war er 23,24 geschwommen, „da war ich mir nicht sicher, ob das heute noch was wird. Aber dann habe ich es doch noch ins Wasser bekommen“, freute er sich. Bei den Weltmeisterschaften will er noch einen draufsetzen: „Da möchte ich zeigen, dass das hier keine einmalige Sache war, sondern dass ich das wirklich immer draufhabe.“

Angelina Köhler und Nina Holt: Geteilte Freude ist doppelte Freude 

Bei den Frauen durfte sich Lokalmatadorin Angelina Köhler (SG Neukölln) binnen weniger Minuten gleich doppelt als Deutsche Meisterin feiern lassen. Erst siegte sie über 50m Schmetterling in 25,86 Sekunden – und blieb damit ebenfalls nur um 24 Hundertstel hinter dem von ihr selbst gehaltenen deutschen Rekord aus der Vorwoche. Nach kurzer Verschnaufpause stürmte sie dann in 24,90 Sekunden auch über 50m Freistil zum Sieg – den sie sich dort allerdings mit Nina Holt (SC Magdeburg) teilen musste. Zeitgleich schlugen die beiden an.

„Das ist ganz viel Kopfsache“, sagte Köhler. „Ich darf bei den 50 Metern Kraul nicht atmen, sonst komme ich aus dem Rhythmus. Nach 35 Metern fühlt es sich so an, als wenn man erstickt. Aber dann habe ich gedacht: ,Du bist stark, du bist ein Tier, du brauchst keine Luft‘ –und habe einfach durchgezogen. Dahinter stecken viele eklige Sets im Training, aber sie haben sich ausgezahlt.“ Nachdem sie zuvor auch schon die 100m Schmetterling gewonnen hatte, zog die Berlinerin ein entsprechend positives Gesamtfazit dieser DM: „Dreimal gestartet, dreimal Gold – besser geht es nicht. Ich bin sehr happy. Bei der WM in Singapur will ich vorne mitmischen.“

Aber auch Nina Holt freute sich. Die Gewinnerin über 100m und 200m Freistil holte am Sonntag ebenfalls ihren dritten Titel in diesem Jahr, und das mit persönlicher Bestzeit. „Ich bin richtig froh, dass ich es jetzt endlich mal unter 25 Sekunden geschafft habe“, jubelte sie.

Bei den Männern ging der Meistertitel über 50m Freistil in 22,03 Sekunden an Josha Salchow (SV Nikar Heidelberg). Im Vorlauf war er mit 21,99 sogar erstmals unter der 22-Sekunde-Marke geblieben und hatte damit die WM-Norm (22,00) um eine Hundertstel unterboten. Mit Blick auf die Weltmeisterschaften hat der 25-Jährige damit drei Einzelstarts sicher und ist auch aus den DSV-Staffeln nicht wegzudenken. „Das war ein perfektes Wochenende, es sieht sehr gut aus für Singapur“, sagte Salchow. Und nimmt sogar die deutsche Rekordmarke von 21,81 von Damian Wierling ins Visier: „Man muss sich immer hohe Ziele stecken. Es wäre schön, wenn über 50 und 100 Meter hinter beiden Rekorden mein Name steht.“ Und apropos Rekorde: Als Zweiter des Finals schwamm Olympiateilnehmer Kaii Liam Winkler (SG Neukölln) mit 22,31 Sekunden abermals Altersklassenrekord für 19-Jährige.

Lukas Märtens sichert sich vierten WM-Start im Rückenschwimmen 

Kurz vor dem letzten Finalabschnitt der Titelkämpfe bekam Olympiasieger Lukas Märtens feierlich die offizielle Urkunde des Weltverbandes für seinen kürzlich aufgestellten Weltrekord über 400m Freistil überreicht. Wenig später zeigte der 23-Jährige vom SC Magdeburg dann allen, dass er trotz aller Erfolge im vergangenen Jahr noch längst nicht satt ist. Über 200m Rücken erkämpfte sich Märtens am Sonntag bereits den dritten Titel bei diesen Titelkämpfen, schlug in 1:56,00 Minuten deutlich vor 100m-Meister Cornelius Jahn (Ahrensburger SV/1:58,77) an, der die WM-Norm (1:57,60) damit auch auf der langen Rückenstrecke verpasste.

Märtens, auf dieser Strecke 2024 Olympiaachter, sicherte sich dagegen sogar noch einen vierten WM-Einzelstart. Am Ende einer zehrenden Wettkampfperiode fehlten ihm dabei lediglich 13 Hundertstelsekunden zum deutschen Rekord von Jan-Philip Glania aus dem Jahr 2012. „Den Rekord hätte ich gern gebrochen. Dennoch schaue ich optimistisch auf die kommenden Monate“, betonte Märtens. Die überzeugenden Auftritte in der Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark (SSE) in Berlin seien für ihn eine gelungene Generalprobe für die internationalen Aufgaben gewesen: „Ich kann einiges mitnehmen daraus. Ich bin sehr kontrolliert geschwommen, habe nichts verrissen und bin immer cool geblieben. Und es waren auch schon super Zeiten, mit denen man meistens Medaillen gewinnt bei einer WM“, bilanzierte Märtens.

Lise Seidel schafft mit 18 Jahren schon einen Goldhattrick 

Über die Normerfüllungen haben sich insgesamt neun Frauen und 15 Männer fürs WM-Team angeboten. Wie Märtens‘ WM-Programm in Singapur schlussendlich genau aussehen wird und welchen Einfluss das auf die Staffeln hat, ergibt sich wohl erst in der DSV-Nominierungssitzung am Donnerstag (08. Mai). Im Vorjahr hatte Märtens bekanntlich auf einen Olympiastart über 800m Freistil verzichtet, auch diesmal wird es Überlegungen dieser Art aus Gründen der Belastungssteuerung geben müssen. „Da muss man abwägen, das ist gar nicht so leicht“, sagte der Olympiasieger selbst dazu.

Bei den Frauen machte Lise Seidel beim 200m-Rennen am Sonntag den Goldhattrick auf den Rückenstrecken perfekt. Die 18-Jährige vom SC Chemnitz blieb in 2:10,81 Minuten ein weiteres Mal unter der WM-Norm dund setzte sich klar gegen Titelverteidigerin Maya Werner (SC Magdeburg/2:12,00) durch. „Es war das Größte, was ich hier erreichen konnte. Ich freue mich jetzt riesig auf die großen Namen und die Atmosphäre in Singapur“, jubelte Seidel.

 

 

Diesen Artikel teilen

Weitere News